So auch zu Carlos Ruiz Zafón – „Der Schatten des Windes“. Vor einiger Zeit, um genau zu sein am 21.08.2010 habe ich dort meine Rezension zu dem Buch geposted. Und seht mal, wie mein abschließendes Urteil lautete:
„Der Schatten des Windes“ wurde mir vor einer Weile empfohlen. Da wohl gerade ein neues Zafón-Buch erschienen ist, wurde auch „Der Schatten des Windes“ wieder auf die Tische gelegt. Die Tische interessieren mich in der Regel nicht, ich sehe auch nur die Bücher an, die sich durch ihre „Schlichtheit“ in der Aufmachung von den anderen abheben (vieles ist grell bunt, hat riesen Überschriften, große skurrile Bilder…). Da fällt mir so ein „schlichtes“ Cover wie das von „Der Schatten des Windes“ direkt ins Auge. Total unerwartet übrigens, denn eigentlich hatte ich nicht damit gerechnet, es so schnell zu finden…
Wie wahrscheinlich viele hier () habe ich gewisse Eigenarten entwickelt. Manchmal überzeugen mich hier im Forum die Rezensionen so sehr, dass solche Bücher direkt auf meine Wunschliste wandern (es gibt noch viele weitere Wege…). Anhand dieser Liste durchstöbere ich die Buchhandlungen. Oft habe ich zum Zeitpunkt des Buchkaufs schon lange vergessen, warum ein Buch eigentlich auf die Liste gewandert ist, aber es muss mir gefallen haben, denn ich habe es ja aufgeschrieben… Vielleicht lese ich dann noch den Klappentext (eher selten), nehme aber prinzipiell alles mit, was so auf meiner Liste steht. Zu Hause wandern die Bücher dann erstmal ins Regal (denn ich lese nacheinander und fast immer chronologisch nach Kaufdatum). Es kann also schonmal eine ganze Weile vergehen, bis ich ein Buch nach dem Kauf lese. Aber, um mich nicht zu spoilern und mich ganz auf die Geschichte einlassen zu können, lese ich vor dem Beginn der Lektüre auch den Klappentext nicht mehr (es kann also vorkommen, dass ich Bücher lese, deren Klappentext ich bis zur Lektüre, und auch bis heute nicht gelesen habe). Zu oft verraten schlechte Klappentexte schon zu viel von der Geschichte… Da mir „Der Schatten des Windes“ so wärmstens empfohlen wurde, und es so zufällig wie für mich bereit lag, habe ich es also einfach blind gekauft.
Der Beginn der Geschichte hat mich gleich ins Buch hineingezogen. Die Bibliothek der vergessenen Bücher hat mir sehr gut gefallen! Da ich, wie gesagt, gar nichts über das Buch wusste, dachte ich zu diesem Zeitpunkt, dass ich hier ein wunderbares Fantasy-Buch in den Händen hielt. Doch recht schnell wurde klar, dass das kein Fantasybuch ist (obwohl durchaus phantastische Aspekte beibehalten werden). Und irgendwie plätscherte die Geschichte nur noch so hin… Ich muss sagen, dass ich fast einen Monat für das Buch gebraucht habe. Ich hatte am Anfang nicht wirklich viel Zeit für das Buch, zum einen, weil wir renoviert haben und zum anderen weil meine reguläre Lesezeit bedingt durch Semesterferien wegfiel (Bahnleserin). Und dazu kam auch noch diese langatmige Geschichte… Sobald Daniel die Bibliothek verlassen hatte, hatte die Geschichte ihren Charme in meinen Augen zunächst einmal verloren. Nach etwa 150-200 Seiten konnte ich es nicht mehr aushalten und habe den Klappentext gelesen, weil ich nicht den blassesten Schimmer hatte, wohin die Geschichte überhaupt gehen soll. Der Klappentext allerdings half nicht wirklich weiter (ein guter Klappentext, den man gefahrlos lesen kann ). Da ich aber auch zu denen gehöre, die den Ehrgeiz haben, jedes Buch zu beenden, habe ich weitergelesen.
Zu der Hauptperson Daniel habe ich nich so recht Zugang finden können. Obwohl wir als Leser viel über ihn erfahren haben, kam er mir dennoch immer recht flach vor. Er war eher wie ein Instrument, dass für den Leser kreiert wurde, um durch die Geschichte zu führen. Den Vergleich mit dem Spiel finde ich auch sehr passend. Oft handelt Daniel auch so, dass es zwar die Geschichte weiterbringt, ich mich aber gefragt habe: warum nur?! Auch konnte ich nicht ganz nachvollziehen, warum auf einmal die Beziehung zu seinem Vater so sehr gelitten hat. Ihr Verhältnis war doch recht innig…
Das Licht ging auf, als Fermin eingeführt wurde. Fermin ist einer der wunderbarsten Charaktere, die mir seit langer Zeit in einem Buch begegnet sind. Sein Humor und seine ganze Art sind einfach köstlich und werden durch den Stil des Autors noch unterstrichen. Wie im Threat schon einmal geschrieben wurde, auch ich hätte gerne etwas von seiner direkten, völlig unverblümten und zur passenden Zeit, frechen Art. Fermin ist ziemlich vielschichtig und gerade ein seiner Person zeigt sich, dass eben doch nicht alles schwarz / weiß ist. Auf der einen Seite ist er Charakter mit tragischer Vergangenheit, die ihn immer wieder einholt. Auf der anderen Seite ist Fermin ein unverbesserlicher Optimist, der die schönen Seiten des Lebens genießt. Allerdings habe ich mich manchmal gefragt, ob der Mann wohl mehr als einen Magen besitzt .
Ich habe gar nicht gemerkt, wie ich plötzlich wieder eingesogen wurde. Habe ich für den Anfang nahezu drei Wochen gebraucht, in denen ich täglich nur wenige Seiten gelesen habe, habe ich den Rest des Buches dann innerhalb von zwei Tagen (eher Nächten) regelrecht verschlungen. Zugegeben ich mag „schnelle“ Bücher und es stört mich auch gar nicht, wenn ich einen Showdown vorgeworfen bekomme. Unlogisches habe ich übrigens „überlesen“. Ich glaube es fällt auch eher auf, wenn man eh nicht ganz mit der Geschichte einverstanden ist. Wer sich auf die geforderte Schnelle ganz einlässt (und/oder aufmerksamer liest, als ich), bekommt vielleicht solche Ungereimtheiten wie beim Kampf in der Nebelburg gar nicht mit. Und hätte ich es hier im Threat nicht gelesen, wüsste ich es bis heute nicht…
Jedoch konnte auch ich eines nicht ganz nachvollziehen. Auf der einen Seite beschreibt der Autor Gefechte in der Stadt, Scharmützel, Angst in jedem Haus. Und auf der anderen Seite, wie weiterhin viele Leute Cafés etc aufsuchen. Natürlich kann ich nachvollziehen, dass man sich nicht ewig zu Hause einschließen kann während dem (evt langjährigen Krieg), aber wenn in der eigenen Stadt ständig „der Boden brennt“, habe ich sicher anderes im Kopf, als beispielsweise ins Kino zu gehen und evt. in eine Schießerei zu laufen, so wie es Daniel und Fermin pflegen… Hm.
Die Stimmung, die aufgebaut wurde, gefällt mir sehr gut. Ich kann auch nachempfinden, wenn sie hier größtenteils als düster beschrieben wird. So würde auch ich sie beschreiben. Allerdings scheine ich zu abgestumpft zu sein, gegruselt habe ich mich zu keinem Zeitpunkt. Der Sprachstil hat mir sehr gut gefallen und ich empfand ihn (trotz der anfänglichen Story-Schwierigkeiten) zu jeder Zeit erfrischend (natürlich immer besonders, wenn Fermin zugegen war). Gut gefallen haben mir auch die zahlreichen Nebencharaktere, besonders der Uhrmacher, dessen Schicksal mich traurig stimmte, und „die Bernada“.
Ich wusste nicht, wo es hingehen soll mit der Geschichte, ich wurde von der Auflösung überrascht und das Ende fand ich sehr gelungen daher vergebe ich zunächst:
Eine Ratte ziehe ich jedoch ab für den langatmigen Anfang, dafür gebe ich noch ein Mäuschen für Fermin, so dass die finale Bewertung lautet:
Trotz meiner anfänglichen Schwierigkeiten, „Der Schatten des Windes“ ist ein tolles Buch.